19.05.2007

schlumpfgrab
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Narendranath - 19. Mai, 22:16

Kinder...

"Schlümpfe!" Der alte Mann verkrampfte innerlich und war versucht, seinen Stock zu heben, um den widerlichen Tand von der Stätte des Gedenkens zu fegen....

Die Jahre hatten ihre Spuren auf dem hohen Grabbild hinterlassen und er konnte sich noch gut erinnern, dass die Statue glatt und glänzend war, wie sie da in ihrer Nische saß.

Er war schon froh gewesen, dass ihre Familie damals nicht auf Kreuzen und Christus-Figuren bestanden hatte - einfach nur abgeschmackt! Einen eigenen Sohn zu opfern, um den eigenen Zorn zu besänftigen! Das hatte schon einiges einiges über seinen Charakter ausgesagt - für den, der es immer noch nicht wahrgenommen hatte.

Ein leichter Wind legte sich und es begann wieder zu schneien. Abertausende winziger kleiner Flocken - alle unterschiedlich, keine der anderen gleich.

Und Eulen! Nichts gegen Eulen, aber diese billigen Abbildungen aus Ton? Die sahen nicht mal richtig nach Eulen aus... vielleicht die Kinder? Und der Schlumpf? Das waren nun sicherlich die Kinder gewesen... die lieben kleinen Engelchen, deren zarten Seelchen man auch den grässlichen Schlumpf auf dem Grabe der Ahnherrin nicht abschlagen konnte.

Drei Eulen und ein Schlumpf. Drei Eulen und neben der einen steht ein Schlumpf - diese Eule ist bereits stark verwittert und ihre Augen sind stumpf und algengrün.

Die Schneeflocken, dick und schwer tanzen lautlos auf dem Friedhof, über die Gräber und um einen glücklich lächelnden jungen Mann, der einen seltsamen, alten Stock trägt.

Yngwie - 19. Mai, 22:21

Schlumpfgruft

Ich ging fast täglich über den Friedhof, weil es eine Abkürzung zur Uni war. Immer dieselbe Strecke, erst einen der größeren Wege, dann bog ich ab auf einen wenig benutzten Pfad, der sich zwischen Bäumen und Büschen hindurch schlängelte. An heißen Sommertagen war es wunderbar, hier in den kühlen, duftenen Schatten einzutauchen, die Augen entspannten sich im grünschimmernden Halbdunkel.

An jenem Tag schien die Sonne nicht, es war Mitte Februar und kalt. Die Schneereste waren angetaut, in der letzten Nacht wieder überfroren und lauerten nun am Boden auf unvorsichtige Fußgänger. Besonders wenig benutzte Wege wie dieser waren glitschig, mit dem Rollsplit hatte man hier gespart.

Ich ging also etwas langsamer, meine Schuhe waren ausnahmsweise der Witterung nicht ganz angemessen, weil mich ein Anruf aufgehalten hatte und ich etwas überstürzt meine Wohnung verlassen musste. Ich achtete auf den Boden, um nicht auszurutschen, und blickte nur kurz auf, als ich gerade an einem der aufwändiger gestalteten Gräber vorbeikam. Eine Stele in Form eines kleinen Häuschens war hier aufgerichtet, es war eigentlich nur eine kleine Nische, die eben Platz für einen Engel ließ, der unablässig gen Himmel zeigte, wohin man wohl den Verstorbenen hinzuwünschen vorgeben wollte.

Ich hatte den Engel, der dort etwas unbequem saß, schon viele Male gesehen, aber heute befand er sich zu meinem Erstaunen in Gesellschaft. Zu seinen Füßen hatte man fünf Schlümpfe gruppiert, ein seltsamer Anblick, der mich innehalten ließ. Ich konnte nicht umhin, genauer hinzusehen, um festzustellen, dass es sich um Brillenschlumpf, Bastelschlumpf, Witzboldschlumpf und weitere zwei Schlümpfe handelte, deren Namen ich nicht kannte.
Mir fiel das Wort „Schlumpfgruft“ ein und einmal mehr war ich erstaunt darüber, wie eine Sprache so ungerecht sein kann, auf 11 Konsonanten nur 2 Vokale zu vergeben.

Da ich schon spät dran war, riss ich mich von dem Anblick los und dachte auf den nächsten Metern noch darüber nach, dass die Schlümpfe das einzige waren, das meines Wissens aus Belgien kam und eine derartige Karriere gemacht hatte. Belgien war irgendwie ein weißer Fleck auf meiner Landkarte. Und auch die Schlümpfe hatte ich nie wirklich gemocht.

Narendranath - 21. Mai, 12:06

Mir gefällt besonders, wie eine sorgsam und irgendwie bemüht sorgfältig erzählte Geschichte eine plötzlich Wendung erfährt und von Biederkeit, Gewohnheit, Friedhof und Winter befreit abhebt und leichtfüßig in höheren Ebenen von Reflektion und Neugier entschwindet. Schöner Kontrast!

Belgien, hmm... Hercule Poirot geht vermutlich nicht als belgischer Export durch...
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