28.01.08

tunnel
Narendranath - 28. Jan, 21:34

Jäger

Dumpfe, unregelmäßige Schläge auf dem weichen Waldboden - leiser geht's nun mal nicht... abrupt verschwindet er hinter einer massiven Eiche, seine Augen durchsuchen das schmale dunkle Tal vor ihm. Unnötig, auch ohne hinzusehen wusste er, dass dort nichts war - sein Atmen wird langsamer, das Gehör schärfer, die Hand ruhiger, sein Wahrnehmungskreis steigt auf über eintausend Meter.

Er muss weiter, in Bewegung bleiben, den Spiegel halten.

Die Böschung runterrutschen - laut. Unten geht er in die Hocke, noch niedriger - runter vom Weg, in die Büsche. Zu laut. Da vorne ist was. Einfach drauf los, mit diesem Spiegel wird ihm nichts widerstehen. Zu schwer, zu langsam. Was ist da vorne? Ohne eine Zielansprache ist anstürmen keine Option.

Das Plätschern eines Baches - er riecht seltsam. Es bewegt sich nicht, aber es ist definitv da. Er wird wieder ruhiger, zu ruhig, hört nichts neues, es bewegt sich nicht und der Bach stinkt. Spiegel sinkt. Warten nervt, Sonne sticht, Bach stinkt. Spiegel steigt. Verdammtes Drecksding, was bist du? Spiegel steigt. Er kann es nicht sehen, alles herum wird transparent, nur ein Schatten bleibt.

Mehr brauch' ich nicht zu wissen. Sonne gleißt auf dem Wasser, strahlt durch die Äste, ein Flackern zwischen den Eschen am Ufer. Dumpfe, rasche Schläge auf weichem Waldboden. Ein Wutbrüllen zerreisst die Idylle, zerreisst den Schatten, Blätter wirbeln auf, stieben beiseite. Ein Schrei, eine Schallwelle, ein Erbeben geht durch das kleine Tal...

Alles legt sich langsam wieder... ein Rascheln, und leichte, unregelmäßige Schläge auf dem Waldboden entfernen sich rasch.

Narendranath - 28. Jan, 21:37

Schreib-Musik

An End Has A Start - Editors
Yngwie - 8. Mär, 21:31

Flucht

Da stand ich im schützenden Schatten des Tunnels. Ein Schritt weiter und die Suchscheinwerfer des Hubschraubers würde mich erfassen. Er schwebte dort am Ausgang des Tunnels und erwartete mich. Der Lärm war ohrenbetäubend, der Sturm der Rotorblätter nahm mir den Atem, meine Sinne wandelten auf Messers Schneide. In mir rang die Erschöpfung mit dem Willen.

Plötzlich sah ich mich hinaustreten ins Licht, mit erhobenen Händen. "Da bin ich, es ist vorbei, sagt mir, was ich tun soll!" schrie ich. Die Worte wurden sofort zerrissen und die unkenntlichen Fetzen in alle Richtungen geschleudert. Da war nur blendendes Licht, ein Tosen, schlimmer als die absolute Stille und das Gefühl, dass es mich mit den Schreien hinfort schleudern würde in eine allzu gewisse Zukunft.

Zu diesem letzten Ausweg war ich noch nicht bereit. Ich drückte den Rücken fest an die raue, feuchte Betonwand und meine Gedanken begannen zu rasen, den Weg zurück zu rennen, den ich gekommen war. Ich blickte ins Dunkel hinein, um meine Augen wieder zu gewöhnen. Aus der Ferne hörte ich die Hunde, ihr Bellen wurde langsam lauter. Ich sah wieder die dunklen Wände, roch das Abwasser, spürte den bedrohlich schlüpfrigen Boden unter meinen Füßen. Weiter zurück, noch ein Stück - da! Da war etwas an der Wand, ja ich erinnerte mich, Tritte aus gebogenem Stahl, gerade breit genug für einen Stiefel, die nach oben führten. Ich hatte sie wahrgenommen, war aber weitergelaufen, weil ich nicht damit gerechnet hatte, dass sie schon am Ende des Tunnels warten würden.

Ich mobilisierte alle Kräfte, die mir geblieben waren, setzte mich in Bewegung. Schwerfällig die ersten Schritte, fast rutschte ich beim Antreten aus. Ruhig! Schaffen konnte ich es sowieso nur, wenn es mir gelang, die Ruhe zu bewahren. Noch war ich etwas orientierungslos, da ich zu lange ins gleißende Licht der Scheinwerfer geblickt hatte, behielt die rechte Hand an der Wand, um nicht zu nach ans Wasser zu geraten. Ich zwang mich zu bedachten, festen Schritten, atmete dreimal tief durch, dann wurde ich Schritt für Schritt schneller. Das Gekläff der Hunde kam näher, ich hatte nicht die geringste Ahnung, wie weit die Stelle entfernt war. Mein Blick rollte an der Wand entlang, fieberhaft suchend nach den Stahltritten, die ich zu erinnern meinte.

In ein paar Metern würde der Tunnel eine Biegung machen, danach kam eine lange gerade Strecke, die könnte mir zum Verhängnis werden. Ich lief weiter, der Gestank wurde unerträglich, je weiter sich die Öffnung zur Oberwelt entfernte. Mir wurde schwindelig. Wie spät es sein mochte? Ich war schon Stunden auf der Flucht.

Nun spürte ich, wie die Biegung begann - noch immer keine Spur von den Stahleinlassungen im Beton.

Es durchzuckte mich: Da vorne zeichnete sich der Widerschein von Lichtern an den Wänden ab, sie tanzten noch diffus auf und ab, aber wenn ich die Kurve vollendet haben würde, würde ich in ihre Taschenlampen blicken.
Umkehren? Weiterlaufen und hoffen, in den nächsten Sekunden den Aufgang zu finden? Ich hatte keine Zeit zum Nachdenken. Den Kanal hörte und roch ich nur, zu sehen war nichts. Ich hatte keine Ahnung, wie tief er hier war. Zwei Schritte später stand ich bis zur Hüfte in der Kloake. Das sollte reichen. Fast im selben Moment sah ich die erste Taschenlampe vor mir. Ich holte einmal tief Luft holen und tauchte.

Selbst im trüben Wasser konnte ich nun die Lichtkegel der Taschenlampen über mir als vagen Schein erkennen. Ich wusste nicht, wie lange ich ohne Luft auskommen würde, aber nun hörte ich auch die Hunde schon, sie näherten sich sehr schnell. Ich lag flach auf dem Rücken am Boden der Kloake und sah das Licht immer heller werden. Gerade als ich dachte, ich müsste ohnmächtig werden, wurde das Licht spärlicher, das Bellen leiser, und ich wusste, sie waren vorbeigelaufen, ohne mich zu bemerken. Die Hunde folgten der Spur, die ich auf dem Hinweg hinterlassen hatte - zum Ausgang des Tunnels. Ich wartete noch zwei Sekunden, dann musste ich auftauchen. Ich sah sie laufen - und hinter der Biegung verschwinden. Ich blieb im Dunkeln, und begann vor Erleichterung zu Schluchzen. Mechanisch stieg ich aus dem Wasser und nahm den Weg wieder auf, fort von den Verfolgern, dem Ungewissen entgegen.

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